Albert Rösti giesst Öl ins Feuer
Beim Abschuss von Wölfen ist der Bundesrat weit davon entfernt, das Jagdgesetz pragmatisch umzusetzen. Albert Rösti zieht Populismus wissenschaftlichen Erkenntnissen vor.
Im Dezember 2022 verabschiedete das Parlament eine Revision des Bundesgesetzes über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (es lohnt sich, den gesamten Titel des Gesetzes in Erinnerung zu rufen, der nicht nur die Jagd betrifft!)
Auf Initiative von Albert Rösti verabschiedete der Bundesrat in der Folge eine Ausführungsverordnung, die besagt, dass 60 bis 70 Prozent der Wolfspopulation durch präventive Abschüsse ganzer Rudel ausgerottet werden können. Entgegen üblichen Gepflogenheiten gab es kein ordentliches Vernehmlassungsverfahren. Dabei wies das Bundesamt für Justiz ausdrücklich darauf hin, dass für die geplante Verordnungsänderung eine ordentliche Vernehmlassung durchgeführt werden muss. Eine an eine kleine Anzahl von Akteuren gerichtete Konsultation mit extrem kurzer Antwortfrist reicht nicht.
Darüber hinaus ist die Festlegung von fünf Regionen sowie die Anzahl von zwölf Rudeln, um das Überleben der Wölfe in unserem Land zu sichern, willkürlich und entbehrt jeglicher wissenschaftlichen Grundlage. Es widerspricht auch den Vorgaben, die der Bundesrat selbst bisher vorgelegt hat und bei denen er sich auf Fachleute abgestützt hat. Demnach liegt die untere Schwelle bei mindestens 20 Rudeln (17 in den Alpen und drei im Jura).
Das Hauptargument für den Abschuss von Wolfsrudeln ist, dass die Zunahme der Wolfspräsenz mit einer Zunahme der Raubtierangriffe einhergehe. Im Jahr 2023 stieg die Zahl der Wölfe zwar an, aber die Zahl der Übergriffe ging dennoch zurück, sowohl in der Schweiz als auch im Wallis, was zeigt, dass die schrittweise Einführung eines echten Herdenschutzes erfolgreich ist.
Als ich Albert Rösti im Nationalrat auf diesen Punkt ansprach, antwortete er, dass die Zahlen der Angriffe für das laufende Jahr nicht bekannt seien. Für Albert Rösti ist es einfacher, die Realität zu ignorieren, als seine Entscheidungen auf sie zu stützen…
Die Walliser Regierung sprang wie zu erwarten schnell in die vom SVP-Umweltminister geöffnete Bresche und rief Jäger zu Hilfe, die sich darüber freuten, dass sie dem Wolf, ihrem Hauptkonkurrenten beim Wild, das Fell über die Ohren ziehen konnten. Unter ihnen ist auch ein Staatsrat, der offensichtlich nichts Besseres zu tun hat, als auf Wolfsjagd zu gehen.
Die Anwesenheit des Wolfes stellt für die Viehzüchter*innen eine grosse Herausforderung dar. Der präventive Abschuss wurde vom Parlament angenommen und muss daher umgesetzt werden. Aber warum sollte man in einer so emotionalen Debatte ein so drastisches Regulierungssystem einführen, das die Spannungen verschärft, anstatt eine differenzierte Lösung vorzuschlagen?
Das Schlimmste ist, dass man die Tierhalter*innen glauben lässt, dass das Problem mit dem Abschuss von Rudeln gelöst wird, obwohl es zum Gegenteil führen könnte: Wölfe, die durch die Auflösung ihres Rudels zu Einzelgängern geworden sind, verursachen verhältnismässig mehr Schaden als Wölfe, die in etablierten Rudeln leben.
Christophe Clivaz
Nationalrat VS