Albert Rösti hat in seiner politischen Karriere nie einen Hehl daraus gemacht, wo seine Prioritäten liegen: bei der Wirtschaft und insbesondere bei der Autolobby. Seine jüngsten Entscheidungen zur CO2-Verordnung bestätigen dies erneut. Statt sich konsequent für den Klimaschutz und die Interessen der Bevölkerung einzusetzen, bedient er die Autoimporteure mit Regelungen, die deren wirtschaftliche Interessen über den Schutz der Umwelt stellen.

Überlebenshilfe für fossile Motoren statt «Verbrenner-Aus»

Die neuen CO2-Regeln sind nichts anderes als ein Widerruf dringend notwendiger Klimamassnahmen. Sie gewähren Autoimporteuren eine längere Schonfrist und reduzieren die finanziellen Sanktionen für den Verkauf von Benzin- und Dieselfahrzeugen. Besonders brisant ist, dass Rösti früher selbst Präsident von Auto Schweiz war, dem Verband der Autoimporteure.

Rösti argumentiert, dass der Markt für Elektroautos nicht so schnell wachse wie erwartet. Doch statt diesen Prozess durch konsequente Massnahmen zu unterstützen, schwächt er die Regulierung und lässt die Autoindustrie weitgehend ungestraft weiterhin fossile Verbrennerautos verkaufen. Dies untergräbt den Klimaschutz und zeigt, dass wirtschaftliche Interessen in seinen Entscheidungen klar im Vordergrund stehen.

Rösti rechtfertigt diese Massnahmen mit wirtschaftlichen Argumenten und verweist auf internationale Entwicklungen. Doch während andere Länder in die grüne Transformation investieren, setzt er auf «Innovation statt höhere Energiepreise» – eine vage Aussage, die keine echte Lösung bietet. Innovation allein wird den CO2-Ausstoss nicht ausreichend reduzieren, wenn Unternehmen und Autoimporteure nicht in die Pflicht genommen werden und politische Klarheit fehlt. Erinnern wir uns daran, dass die Schweiz als einziges Land in Europa kein «Verbrenner-Aus» beschlossen hat.

Wenig ambitionierte Klimapolitik von Bundesrat Rösti

Die vorgestellte CO2-Verordnung ist mangelhaft und reicht nicht, um mit dem sowieso schon schwachen CO2-Gesetz unsere Klimaziele zu erreichen. Die Verordnung wurde bereits schwach in die Vernehmlassung geschickt und wird nun in einer noch schwächeren Form in Kraft gesetzt.

Besonders fällt auf, dass Rösti vor seinen Wirtschafts- und Autofreunden gekuscht hat und die Verordnung weiter verschlechtert wurde. Dazu gehören unter anderem:

  • Der Absenkpfad für die CO2-Abgabenbefreiung für Unternehmen wurde nach Intervention von Swissmem und economiesuisse von 2,5 % auf 2,25 % gesenkt. (Art. 66a CO2V)
  • Die Klimaziele für Autoimporteure wurden weiter geschwächt. (bspw. Art. 26c erlaubt nun «Erleichterungen» bzw. Schlupflöcher, die es ermöglichen, pro verkauftem E-Auto mehr als einen zusätzlichen Verbrenner mit CO2-Ausstoss zu verkaufen).
  • Die Kompensationsziele für Treibstoffimporteure bleiben sehr schwach. Bereits im Herbst wurde berichtet, wie Rösti auf Druck der Treibstoffimporteure eingeknickt ist.
  • Die CO2-Speicherung gilt schon ab 30 Jahren als «dauerhaft». Dies ist unverständlich: Temporäre Kohlenstoffspeicher sind zwar sinnvoll, aber sie sind eben nur vorübergehende Speicher. Eine wirklich dauerhafte Speicherung sollte mindestens 1000 Jahre umfassen.

Es braucht verantwortungsvolle Regierungsarbeit statt Klientelpolitik

Die Frage, ob Rösti Politik für die gesamte Bevölkerung oder nur für eine wirtschaftlich einflussreiche Klientel macht, beantwortet sich von selbst. Die Begünstigung der Autolobby ist offensichtlich, und seine Argumentation, dass «alle Akteure von links unsere Vorschläge im Grossen und Ganzen positiv beurteilt haben», ist irreführend. Kritiker*innen fordern nicht weniger Klimaschutz, sondern mehr – genau das, was Rösti blockiert.

Sein Verhalten zeigt ein grösseres Problem in der Schweizer Politik: Die enge Verflechtung von Wirtschaft und Politik führt dazu, dass Entscheidungen oft nicht im Sinne des Gemeinwohls, sondern im Interesse einzelner Branchen getroffen werden. Die Autolobby hat mit Rösti einen Bundesrat, der ihre Anliegen direkt in politische Entscheidungen umsetzt. Zusammen mit einem rechtsbürgerlichen Bundesrat, der Bundesrat Rösti offensichtlich alles durchgehenlässt, ist dies toxisch. Die Zeche dafür zahlt die Umwelt – und letztlich die gesamte Bevölkerung.

 

Marionna Schlatter
Nationalrätin ZH