Der Blick fragt, ob Bundesrat Rösti mit seinen Reservekraftwerken eine Milliarde in den Sand setzt. Die Antwort ist eindeutig: Ja. Und schlimmer noch: diese Milliarde wird nicht nur verschwendet, sie wird von uns allen bezahlt. Denn die Kosten für die geplanten Gaskraftwerke werden direkt auf die Stromkund*innen abgewälzt. Bundesrat Rösti spricht gerne von Versorgungssicherheit, in Wahrheit kauft er sich aber für sehr viel Geld eine trügerische Scheinsicherheit und blockiert dabei den echten Umbau unseres Energiesystems.

Die Fakten sind unmissverständlich: Bereits heute verfügt die Schweiz über mehr als genügend Reserven, um die Vorgaben der ElCom zu erfüllen. Wasserkraftreserven, bestehende Anlagen und gepoolte Notstromaggregate decken die Mindestanforderungen bis weit über 2030 hinaus. Trotzdem will Bundesrat Rösti neue Gaskraftwerke bauen lassen, darunter Projekte wie Birr 2, das allein 275 Millionen Franken verschlingen soll. Zum Vergleich: Die Einbindung von Notstromaggregaten kostet einen Bruchteil, liefert aber die gleiche Sicherheit. Hier wird die teuerste Variante gewählt, ohne dass ein realer Bedarf besteht.

Noch problematischer ist, dass mit diesen Gaskraftwerken neue fossile Abhängigkeiten geschaffen werden. Wenn die Behörden aus Vorsicht die Anlagen zu früh und zu oft ans Netz nehmen, droht ein schleichender Dauerbetrieb. Damit wird nicht nur der Markt verzerrt und der dringend nötige Ausbau von Winterstrom aus erneuerbaren Quellen behindert, es entstehen auch zusätzliche Emissionen, die sich nicht einfach kompensieren lassen. Bundesrat Rösti verkauft dies als Sicherheitsmassnahme, in Wirklichkeit handelt es sich um eine Rolle rückwärts in der Energiepolitik.

Hinzu kommt der Preis: Ein Netzaufschlag von bis zu 0.75 Rappen pro Kilowattstunde verteuert den Strom für alle. Das trifft nicht nur die Wirtschaft, sondern auch private Haushalte – und bremst gleichzeitig die Energiewende. Denn wenn Strom künstlich verteuert wird, verlieren Wärmepumpen und Elektroautos an Attraktivität. Bundesrat Rösti schwächt damit genau jene Technologien, die uns unabhängig machen sollen von Öl, Gas und Atom.

Am Ende bleibt ein absurdes Bild: Während Rechenzentren mit modernsten Notstromaggregaten ausgerüstet werden, weigert sich der Bundesrat, dieses Potenzial systematisch zu nutzen. Während die Industrie bereitsteht, ihre Last im Notfall gegen Entschädigung zu reduzieren, werden Milliarden in neue fossile Infrastruktur gepumpt. Und während selbst Expert*innen von links bis rechts von «unnötiger Geldverschwendung» sprechen, klammert sich Albert Rösti stur an seinen Kurs.

Diese Energiepolitik geht in die falsche Richtung. Die Schweiz braucht keine neuen Gaskraftwerke, schon gar nicht als Luxuslösung für ein Problem, das längst anders gelöst werden könnte. Bundesrat Röstis Reservekraftwerke sind nicht Versorgungssicherheit, sondern ein teures Placebo. Die Milliarden, die er hier verbrennen will, fehlen uns genau dort, wo sie dringend gebraucht werden: beim Ausbau der erneuerbaren Energien und bei der Stärkung der echten Versorgungssicherheit für die Zukunft.

Marionna Schlatter
Nationalrätin ZH
@marionnaschlatter.bsky.social