Volksentscheide für Klimaschutz umsetzen. Und sparen, wo es nützt, statt schadet
Der Bundesrat sagt, dem Bundeshaushalt gehe es nicht gut. Und sieht die einzig mögliche Konsequenz in einer riesigen Sparübung. Das ist doppelt falsch. Weder stimmt die Diagnose. Noch stimmt das Rezept dagegen.
Erstens ist die Schweiz eines der am tiefsten verschuldeten Ländern der Welt. In der Staatsschuldenquote der OECD, in der zusätzlich die Verbindlichkeiten der Kantone und die Pensionsverpflichtungen gegenüber Staatsangestellten berücksichtigt sind, beträgt die Verschuldung 38 Prozent des BIP. Das ist eine der niedrigsten Quoten aller Industrieländer. Es gibt also keinen Grund, eine Krise auszurufen.
Zweitens ist der Bundesrat auf einem Auge blind: die Einnahmeseite ist für ihn völlig tabu. Dabei haben wir in den letzten Jahren verschiedenste Steuerprivilegien und Steuerentlastungen für Konzerne und Reiche eingeführt, deren – allenfalls auch temporäre – Rücknahmen massive Mehreinnahmen generieren würden.
Das Problem ist aus meiner Sicht nicht, dass eine Analysegemacht wird, wo wie viel Geld vom Bund hinfliesst, und wo dies sinnvoll ist oder nicht. Das Problem sind die politisch völlig falschen Prioritätensetzungen des Bundesrats: Mehr Geld für die Armee – das gilt einfach als Notwendigkeit. Weniger Geld für Klima- und Naturschutz – das gilt als problemlos verkraftbar. Bundesgeld auszugeben für biodiversitätschädigende Subventionen – das ist für den Bundesrat kein Problem. Bundesgeld auszugeben als Beitrag an die AHV – da muss man dagegen zurückschrauben.
5 Milliarden zum Schaden der Biodiversität: Auch ein Sparpotential!
Dabei gäbe eine sachliche Überprüfung auch ganz andere Hinweise. Bei klimaschädlichen Steuerprivilegien und biodiversitätszerstörenden Subventionen zeigen andere Berichte ein riesiges Sparpotential.
Nehmen wir die Biodiversität: Würde der Bund gezielt schädliceh Subventionen kürzen, könnte er weniger Geld ausgeben und gleichzeitig mehr Natur schützen.
Heute wirken 5 Milliarden an jährlichen direkten und indirekten Subventionen vollständig biodiversitätsschädigend – weitere 12 Milliarden teilweise. [1] Die Kürzung dieser Subventionen um einen Viertel würde also bereits mehr Geld sparen als das ganze Sparpaket des Bundesrats.
Stattdessen übernimmt der Bundesrat von der Arbeitsgruppe Gaillard nun viele Vorschläge, die auf dem Rücken der Umwelt und der ärmeren Menschen sparen. Sozialer Zusammenhalt in der Schweiz war kein Kriterium der Arbeitsgruppe. Und die mittel- und langfristige Perspektive auch nicht.
Rösti gewichtet Sparideologie höher als Volksauftrag
Klar wird auch, welche Bundesrätin, welcher Bundesrat sich für seine Aufgaben einsetzt. Bundesrat Rösti auf jeden Fall kämpft nicht als Umweltminister. Stattdessen spricht er von Opfersymmetrie. Es tönt ganz so, als ob ihm der Bericht gerade recht käme, damit er endlich beim Klimaschutz, bei der Energiewende, bei der Biodiversität kürzen, stoppen und nichts mehr machen kann. Gut eingespielte Instrumente wie das Gebäudeprogramm sollen 300 Mio. zum Sparen beitragen – obwohl wir mit der Energiewende mitten in der grössten Transformation unseres Energiesystems stehen.
Bundesrat Rösti müsste das Klimaschutzgesetz und das Stromgesetz umsetzen. Zwei klare Volksentscheide. Da gilt es jetzt, sich nicht hinter der Arbeitsgruppe zu verstecken, sondern demokratisch legitimierte Beschlüsse zu verteidigen.
Das lohnt sich über die Zeit sogar auch finanziell: wenn wir jetzt investieren, ist es immer noch viel billiger, als wenn wir die Schäden oder Anpassungsmassnahmen der Klimaveränderung bezahlen müssen. Das hat uns dieser Unwetter-Sommer erschreckend klar vor Augen geführt.
Aline Trede,
Fraktionspräsidentin GRÜNE
[1] vgl. Gubler et al. (2020) in der Studie « Biodiversitätsschädigende Subventionen in der Schweiz»: Heute wirken CHF 0,34 Mrd. an direkten Subventionen vollständig biodiversitätsschädigend, CHF 11,7 Mrd. partiell biodiversitätsschädigend. Zudem wirken indirekte Subventionen (z.B. Steuererleichterungen) im Umfang von CHF 4,7 Mrd. vollständig biodiversitätsschädigend und CHF 0,5 Mrd. teilweise biodiversitätsschädigend.