Auf die Frage, wie er zu den internen Verkehrsprognosen des UVEK stehe, die die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Projekte zur Stauverringerung infrage stellten, erklärte Albert Rösti, diese Prognosen seien vor seiner Amtszeit erstellt worden und entsprächen nicht seiner Sichtweise. Auf der Autofahrt mit dem Tagesanzeiger macht er die 350 Mobilitätsexpert:innen lächerlich, die sich gegen die Ausbauprojekte aussprachen. Er verwies auf seine Expert:innen im Bundesamt für Strassen (ASTRA). Aber genau diese Zahlen wollte er dann doch nicht als Grundlage anerkennen. 

Dieser Umgang wirft ein Schlaglicht darauf, wie flexibel wissenschaftliche Grundlagen von Albert Rösti behandelt werden: Offenbar gelten sie nur dann als belastbare Entscheidungsgrundlage, wenn sie mit der eigenen politischen Agenda übereinstimmen. Bundesrat Röstis Aussage lässt Zweifel an der sachlichen Fundierung seiner Argumente und der Transparenz im Umgang mit kritischen Studien aufkommen.  

Fakten, wenn sie passen 
Die Abstimmung über den Ausbau der Nationalstrassen, das Kernprojekt von Bundesrat Rösti, scheiterte am Widerstand der Bevölkerung. Viele Kritiker:innen, darunter Medien und zivilgesellschaftliche Gruppen, warfen Bundesrat Rösti und dem Bundesamt für Strassen (ASTRA) vor, die Öffentlichkeit im Abstimmungskampf mit teilweise irreführenden Informationen beeinflusst zu haben. Eine eingereichte Aufsichtsbeschwerde moniert, dass die Informationspolitik des ASTRA nicht den gesetzlichen Anforderungen an Transparenz und Sachlichkeit entsprach. Bundesrat Rösti wiederholte in der Öffentlichkeit Aussagen zu Verkehrssicherheit und Umweltbelastungen, die als irreführend eingeschätzt werden.  

Maria Lezzis Rücktritt: wegen Paradigmenwechsel? 
Dr. Lezzi, die seit 2009 das ARE (Bundesamt für Raumentwicklung) leitet, geniesst weit über die Landesgrenzen hinaus Ansehen für ihre Expertise in nachhaltiger Raumplanung. Ihr Rücktritt wurde öffentlich als «Ruhestand» dargestellt, doch Spekulationen über Differenzen mit der neuen politischen Führung sind laut geworden. Bundesrat Röstis Verkehrspolitik verträgt sich nicht mit Lezzis nachhaltiger Raumentwicklung. Die endlich angepassten Berechnungen der externen Kosten fielen fast zeitgleich aus. Lezzis Abgang wurde zwar als regulärer Rückzug in den Ruhestand dargestellt, doch die zeitliche Nähe zu den kontroversen Debatten rund um die Autobahnvorlage bleibt auffällig.  

Rösti bleibt Rösti 
Bundesrat Rösti hat mit seiner Politik bislang unmissverständlich gezeigt, dass er vor allem die Anliegen von Automobilist:innen und der fossilen Industrie vertritt – eine Kritik, die ihn bereits während seiner Parlaments-Karriere begleitete. Sein Umgang mit Fakten und die Art, wie die Kommunikation rund um die Autobahn-Abstimmung gestaltet wurde, haben erheblich Zweifel daran aufkommen lassen, ob er als Umweltminister in der Lage ist, wissenschaftlich abgestützte, ausgewogene und zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen. 

Marionna Schlatter
Nationalrätin ZH