Letzte Woche wurde bekannt, dass eine Einschränkung von Tempo 30 via Verordnungsänderung umgesetzt werden soll. Damit wird eine Motion von Nationalrat Peter Schilliger am Parlament vorbei umgesetzt und dem Referendum entzogen.

Dabei ist klar: Tempo 30 ist ein politisch hoch umstrittenes Thema. Viele Städte – aber auch Gemeinden auf dem Land – wollen ihren Zentren attraktiver gestalten und mehr Lebensqualität schaffen. Weniger Lärm und mehr nutzbare Aussenräume sind für Anwohner*innen und Geschäftsinhaber*innen wichtig. Dagegen steht der Wunsch, möglichst mit 50 km/h durch das Siedlungsgebiet fahren zu können.

Umsetzung verlangt politische Diskussion

Wird jetzt auf Verordnungsstufe die Einführung von Tempo 30 weiter erschwert, so ist das für viele gravierend. Es braucht für die konkrete Umsetzung der Motion eine politische Diskussion. Und wo soll diese stattfinden, wenn nicht im Parlament – mit der Möglichkeit, eine Verschlechterung mit einem Referendum zu bekämpfen?

In vielen Kantonen warten Gemeinden sehnlichst darauf, endlich mit Temporeduktionen auch auf grösseren Strassen einem verbreiteten Wunsch ihrer Bevölkerung nachzukommen. Die Liste der Vorhaben, die blockiert sind, wird immer länger. Der Bund und leider auch immer mehr Kantone übersteuern die Gemeinden, als ob es unglaublich wichtig wäre, möglichst rasch durch dicht besiedelte Wohnquartiere  und Gemeindezentren fahren zu können. Dabei ist doch klar: Insbesondere unsere Städte vertragen nicht noch mehr Autoverkehr, sondern müssen von ihm entlastet werden. Er braucht ganz einfach viel zu viel Fläche in Siedlungsgebieten, die immer dichter werden sollen.

Rösti liebt Verordnungen

Bundesrat Rösti liebt es, Dinge mit Verordnungen zu ändern. Es ist ja auch recht praktisch: Der Bundesrat muss zwar eine Vernehmlassung durchführen, aber er entscheidet nachher alleine. Das entlastet ihn vor grossen politischen Diskussionen. So geschehen ist es bereits bei der Verordnung zum Wolfabschuss oder bei der Haushaltsabgabe für die Medien.

Oder auch bei der Postverordnung: Da hätten die Kriterien für die Zustellung massiv gesenkt werden sollen. Dabei sollte längst das Postgesetz revidiert werden und die Frage, was der Service public im Postbereich heutzutage bedeutet, breit diskutiert werden. Zum Glück hat sich die zuständige Kommission jetzt eingemischt und will den Bundesrat zurückpfeifen.

Albert Rösti gehört einer Partei an, die in Sonntagspredigten sehr viel von Demokratie und dem Volk spricht. Es wäre gut, wenn die Bundesräte dieser Partei dem auch im Alltag nachleben würden.

 

Michael Töngi
Nationalrat LU
@mtoengi.bsky.social‬